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Nichts für Zartbesaitete: Thaipusam

Spieße in den Körper und durch die Zunge gestochen, Gewichte von bis zu 40 Kilogramm an der Haut und das alles noch kilometerweit tragen. Ein irres Spektakel zu Thaipusam, dem Hindu-Fest der Tamilen.

Am Tag des Vollmonds im tamilischen Monat „Thai“ wird dem Gott Murugan gedacht, der den Dämon Soorapadman besiegen konnte – und damit das Böse und jegliche Schmerzempfindung.

Das Fest wird in Indien, Malaysia und Singapur zelebriert und beginnt am Vorabend des eigentlichen Tages: Eine Prozession bringt die Büste von Lord Murugan vom Sri Thendayuthapani Tempel in der Tank Road zum Layan Sithi Vinayagar Tempel in der Keong Siak Road, damit diese zu einer Büste seines Bruders gestellt wird, sozusagen ein alljährlicher Besuch.

In den frühen Morgenstunden beginnt die eigentliche Zeremonie und dauert bis zum Sonnenuntergang an. Die Gläubigen tragen Milchtöpfe und Kavadi (tamilisch für „Opfer bringen mit jedem Schritt“), ähnlich wie halbrunde Altäre. Diese können bis zu 40 Kilogramm schwer sein, sind aufwändig mit Pfauenfedern, Blumen und goldenen Elementen geschmückt und werden von einem Tempel zum anderen getragen. Auf diesem 4,5 Kilometer langen Weg werden sie von Angehörigen zur Unterstützung begleitet. In Trance lassen sich die Gläubigen vor ihrem Marsch piercen, wobei lange Nadeln und Speere durch Haut und Lippen gestochen werden. Einige ziehen zusätzlich Wagen hinter sich her, die lediglich mit Nadeln an der Haut befestigt sind.

Man fragt sich, wie verrückt die Leute sein müssen. Auch wenn mit diesem Opfer die Erlangung von Glückseligkeit versprochen wird. 48 Tage zuvor beginnen die Prozession-Teilnehmer ihre spirituelle Vorbereitung mit einer vegetarischen Diät und leben abstinent, also komplett lasterlos, um die Tortur ohne Schmerzen zu überstehen.

Ich bin mir nicht sicher, ob die Prozedur wirklich schmerzlos ist, aber es war kein Tropfen Blut zu sehen und die Gläubigen waren unglaublich konzentriert, kontrolliert und still. Großes Geschrei und anfeuernder Gesang sind nur von den Helfern zu hören, wenn eine Nadel durch die Haut gebohrt wird. Indische Musik und lautes Getrommel begleiten die Vorbereitungen und der Geruch der vielen Räucherstäbchen versetzt den einen oder anderen Anfänger schon allein in Trance. Für die anwesenden Inder war das alles ganz normal, die Nicht-Hindus waren fasziniert von den fremden Bräuchen, ich auch. Aber ich muss zugeben, immer im richtigen Moment woanders hingesehen zu haben.