Stilvolle Gebäude mit durchdachter Architektur für die heißen Tropen, künstlerische Batiktextilien, kunterbuntes Porzellan und die beste Küche der Welt: Das sind Merkmale der chinesischen Peranakans, auch Babas genannt. Chinesische Händler kamen bereits ab dem 14. Jahrhundert nach Malakka (im heutigen Malaysia), um Geschäfte zu machen. Einige blieben, heirateten malaiische Frauen und gründeten Familien. Aus den Männer wurden Babas und die Frauen wurden Nonyas genannt.
Die faszinierende Kultur dieser Mischehen begegnet mir nun sei drei Jahren tagtäglich auf den Straßen. Nach der Gründung des modernen Singapur durch Stamford Raffles im Jahr 1819 kamen die Babas in die Stadt, um ihren Handel auszubauen. Sie lebten in „Terraced Houses“, heute würden wir „Reihenhaus“ dazu sagen. Aber der Vergleich hinkt. Die Shophäuser der Chinesen haben es mir sowieso angetan, aber mein Besuch im 1895 erbauten Baba House in der 157 Neil Road im Stadtteil Tanjong Pagar war wirklich beeindruckend.
Stammsitz der Familie Tan
Das Anwesen einer Reederfamilie wurde 2006 von der National University of Singapore (NUS) erworben und in ein Museum umgewandelt. Eigene Fotos sind nur von außen erlaubt, aber das Buch „NUS Baba House – Architecture and Artefacts of a Straits Chinese Home“ gibt einen sehr guten Einblick und erklärt viele interessante Einzelheiten der Renovierung des Hauses im Jahr 2007. Nur nach Voranmeldung darf das Haus in Gruppen bis zu zehn Personen besichtigt werden. Unser Tourguide gehört selbst zu den Peranakans, musste aber zugeben, keine chinesische Schriftzeichen lesen zu können: „Ich wurde in einem Haus hier um die Ecke geboren. Meine Familie hat mich zu gut integriert, manchmal finde ich es schade.“
Die Vorbesitzer des Baba House waren sehr vermögend und die Lage des Hauses zwischen Chinatown und dem Hafen hat wohl einiges dazu beigetragen. Nach Übertreten der Eingangsschwelle findet man sich in der mit pompösen Holzsesseln und wertvollen Möbeln ausgestatteten Empfangshalle. So wurde dem Besucher von damals rasch klargemacht, dass er es nicht mit einer einfachen, armen Familie zu tun hat.
Ein heimlicher Blick auf den zukünftigen Ehemann
Shophäuser sind allgemein schmal, aber lang nach hinten angelegt. Die Türen sind eher Pforten und lassen den Wind zur Abkühlung durchs Haus streifen. Dazu hat jedes Haus einen offenen Bereich in der Mitte ohne Dachbedeckung. Hier fällt der Regen hinein und wird unten in einem großen Becken aufgefangen. Nicht nur hilfreich zur Klimatisierung des Hauses, sondern auch schön anzusehen.
Noch weiter hinten verbirgt sich die Küche und dann geht es weiter in das Obergeschoss. Hier gibt es nur zwei Schlafzimmer, obwohl bis zu zwölf Personen in dem Haus lebten. Geschlafen wurde auf dem Boden wo sich Platz geboten hat. Im Fußboden eines Raumes über den Eingangsbereich befinden sich kleine Löcher. Groß genug, dass die Töchter des Hauses sich ihre zukünftigen Ehemänner heimlich vorab ansehen konnten. Die jungen Männer wurden traditionell von den Eltern auserwählt und mussten diesen natürlich ihre Aufwartung machen. Ein Vetorecht hatten die Mädchen nicht, aber gucken wollte man schon.
Ein Part der Geschichte Singapurs, die viele Spuren hinterlassen hat
Obwohl nur ein Prozent der Bevölkerung zu den chinesischen Peranakans gehören, sind die Wurzeln und Gepflogenheiten jedem bekannt und es gibt außer dem Baba House noch viele andere Anlaufstellen und Museen zu dem Thema. Das Peranakan Museum in der Armenian Street ist leider bis 2020 wegen Renovierung geschlossen, aber jede andere Anlaufstelle wie der Emerald Hill an der Orchard Road, das Viertel Katong mit seiner Joo Chiat Road oder dem Katong Antique House von Peter Wee geben faszinierende Einblicke in diese zu recht erhaltene Kultur.
Baba House | 157 Neil Road | Singapore 088883
Dienstag bis Freitag 10 Uhr, Eintritt S$ 10
Tourbuchung unter Peatix.com