1

Ein Abend mit Fliege

Das ständige Flipflop-Wetter ist nach wie vor traumhaft für mich. Geschlossene Schuhe versuche ich zu vermeiden und Hosen zu tragen ist eine Qual. Da muss man sich schon zusammenreißen, nicht ständig im Urlaubsoutfit herumzulaufen.

Umso schöner sind die Gelegenheiten, sich mal wieder richtig herauszuputzen. Wie zum Beispiel zum Galadinner der SwissCham im One Farrer Hotel. Endlich wieder ein Grund, neue Schuhe aus Deutschland mitzubringen. (An die Frauen, die auf großem Fuß leben: Ab Größe 40 wird es schwierig in Singapur!) Silberne 8 cm-Sandalen sind es geworden, denn der Dresscode hieß „Black Tie”. Den Smoking haben wir dabei vernachlässigt, aber die schwarze Fliege durfte mit dem roten Abendkleid den Kleiderschrank verlassen und groß ausgehen.

Es wurde ein sehr schöner und feierlicher Abend bei der Schweizer Handelskammer mit phantastischem Essen und netten neuen Kontakten.

Der Höhepunkt der Gala war die Vergabe des „Excellence in People and Skills Development-Awards“ an Marché Mövenpick.

Ein interessanter Abend unter Schweizern und mal wieder waren wir überrascht, wie viele Leute wir in Singapur schon kennengelernt haben. Beim Herumschlendern sind uns viele bekannte Gesichter über den Weg gelaufen und die Zeit war viel zu kurz, um mit allen zu reden.

Zu später Stunde fand sich Dirks Team von BearingPoint auf der Tanzfläche und rockte durch die Nacht – super Truppe!




Bloß nicht das Gesicht verlieren

„Haben Sie noch ein anderes Shampoo, günstiger als 20 Dollar?
„Yes, we have, here.”
„Sorry, that’s for 24 Dollar, it’s not cheaper.” – Achselzucken.

Taxi-Abholung Haus 93. Laut SMS ist der Fahrer vor Ort und ich soll mich beeilen. Kein Taxi zu sehen, aber vor Haus 99 steht ein Wagen. Durch den Regen gelaufen und mit den Worten „Sorry, ich dachte Nummer 99“, vom Fahrer empfangen worden. Leichte Verunsicherung meinerseits: „Aber ich habe 93 geschrieben, oder?“ „Yes.“ – Achselzucken.

Anfangs haben mich solche Situationen wahnsinnig oder auch sauer werden lassen. Das hat sich sehr gebessert. Aber ich befürchte, mich irgendwann zu Hause in Deutschland daneben zu benehmen. Sage ich dann im Büro auch „Nö, haben wir nicht“, nur weil das Gewünschte blöderweise gerade nicht in meinem Sichtfeld liegt? Ich mag es, wenn Dinge funktionieren und Pläne einfach erfüllt werden. Das macht das Leben so schön einfach. Ich schätze es auch, wenn mir meine Fehler mitgeteilt werden. Stattdessen höre ich Geschichten über Menschen, die ich kaum kenne und wundere mich, nach einer Meinung dazu gefragt zu werden, um irgendwann darauf zu kommen, dass es um mich geht und mir gerade ein Vorwurf gemacht wird. Dieses Herumgeeiere, das gerne mit „nicht das Gesicht verlieren“ tituliert wird mag ja höflich klingen, ist aber sehr zeitaufwändig und anstrengend.

Was ist unhöflich daran, eine unerfüllbare Bitte freundlich abzuschlagen oder Probleme im netten Ton auf den Tisch zu legen? Kommt ja sowieso aufs selbe am Ende hinaus.

Höflichkeit ist etwas wunderbares, aber Verkomplizierung macht nur wirr. In Asien ist diese Verwirrung sehr verbreitet. Dazu gehört auch, keine Fehler zuzugeben und nicht auf Probleme hinzuweisen. Nicht, weil man zu faul ist, sich Sache anzunehmen. Es gilt schlichtweg als unhöflich, andere auf Fehler hinzuweisen oder eine Frage zu verneinen. Der Verkäuferin im Drogeriemarkt war es wichtig, meiner Bitte nach einer Alternative nachzukommen. Dass die zweite Bitte nach etwas Günstigerem nicht bedient wurde, ist unwichtig. 50 % der Anfrage wurden immerhin erfüllt und sie musste nicht verneinen. Oft beschleicht mich trotzdem das Gefühl, dass diese Kultur wohlwissend als Ausrede benutzt wird, aber dafür fehlt mir der Beweis…

Letztens erwartete ich eine Paketlieferung. Es klingelt pünktlich unten an der Haupttür, ich lasse die Person hinein, die nur noch in den Fahrstuhl zu steigen braucht.

Nach fünf Minuten stehe ich immer noch, nun etwas ungeduldig, an meiner geöffneten Haustür. Da klingelt das Telefon.

„Hi, are you living in xx?“

„Yes.”

„I’m here for delivery.”

„Great, come to the 30. storey.”

„Yes, but I don’t know.”

„What you don’t know?”

Stille. Kurz darauf steht die Dame vor der Tür und gibt mir mein Paket. Ich frage, was das Problem gewesen sei. Antwort? Richtig: Achselzucken.

Ich liebe es, in diesem Land zu leben. Ich lerne jeden Tag dazu und passe mich zu vielen Gelegenheiten an. Das bringt in der Tat auch enorme Vorteile. Die Lebensweise hat mich entspannter und doch aufmerksamer werden lassen. Doch so ganz werde ich die hiesige Kultur in diesem Leben nicht mehr verstehen („Sie war stets bemüht“), aber das macht wohl auch das so spannende Leben in Singapur aus.




Speeddating bei Bosch Singapore

Bisher hatte ich bei dem Namen Bosch Küchengeräte oder meine Bohrmaschine vor Augen, aber das hat sich heute geändert. Nun weiß ich, dass zum Beispiel in fast 50 % aller Smartphones Sensoren von Bosch eingebaut sind und wie Autofahrer für Fremde Parkplätze finden.

Bosch Southeast Asia hat zum Financial Update 2018 ins Hauptquartier nach Bishan geladen. Seit 1995 befindet sich das Headquarter Southeast Asia in Singapur, aber bereits seit 1923 erobert das Stuttgarter Unternehmen den südostasiatischen Markt.

Und das ist gar nicht so einfach. In Myanmar zum Beispiel sind Waschmaschinen heiß begehrt, aber die teuren Geräte mit allem möglichen Schnickschnack kann sich dort kaum jemand leisten: „Da stehen wir dann mit unseren großartigen Entwicklungen, aber gefragt sind die einfachen Geräte”, erklärt mir der Director of Business Development ASEAN, Jochen Lorenz. Außerdem ist in vielen Gegenden noch kein stabiles Stromnetz vorhanden. So ist das Unternehmen auch an der Planung von Stromleitungen in unterentwickelten Regionen beteiligt.

Das ist der interessante Unterschied zum europäischen Markt: Die kulturellen und gesellschaftlichen Besonderheiten sind in Asien weitaus vielschichtiger, die Entwicklung in den einzelnen Ländern befindet sich auf wechselnden Leveln. Es gibt nicht die eine funktionierende Strategie, die für alle Länder passt. Nach dem 10-minütigen Gespräch mit Jochen Lorenz wechsle ich an den nächsten Tisch, denn diese Pressekonferenz ist ein Speeddating. Vier Stationen, jeweils 10 Minuten Zeit. Als nächstes treffe ich Amine Kamel.

„Woher stammt Ihr der Name?“

„Ich komme aus Tunesien.“

„Wie viele Tunesier leben in Singapur?“

„Drei.”

Ich habe es nicht nachgeprüft, glaube ihm aber. Die Gespräche fanden alle auf Englisch statt, das war thematisch nicht ohne: Financial Update und dann noch technische Erklärungen. Ich beschwere mich ja oft, dass ich hier viel zu viel Deutsch spreche und mit meinen Englischkenntnissen nicht vorankomme, aber es ging sehr gut. Man bekommt doch mehr mit, als man denkt.

Amine Kamel ist mit seinem Titel „Regional Head Automotive Electronics Division“ für smart solutions in der Automobilelektronik zuständig. Nachdem er mir erklärte, wie fremde Autos mit Hilfe von Sensoren die freien Parklücken in meiner Umgebung anzeigen, habe ich gefragt, ob ähnliches auch für E-Scooter möglich sei. Ich roller ja begeistert und zeitsparend mit meinem Elektroroller durch die Gegend, finde aber oft keine Möglichkeit, diesen anzuschließen. Das Thema wurde interessiert aufgenommen, aber meine Gesprächszeit war mal wieder um und ich musste an den nächsten Tisch. Hier erwarteten mich der Regional President, Thomas Jakob und Michael Goh, Director of Sales zum Thema smart connected solutions. Allmählich brummte mein Kopf wegen der Menge an Input, aber wie ich erfahren habe, gibt es für ziemlich alles eine App um das Leben zu vereinfachen – Industrie 4.0 ist nur ein Schlagwort dazu und mal wieder kommen die Sensoren ins Spiel.

Für all diese Weiterentwicklungen werden immer mehr Fachkräfte gebraucht, womit der Markt nicht zu reich bestückt ist. Darum werden Schulungen abgehalten, Weiterbildungen angeboten und man setzt auf das Mentoren-System, erzählt mir Jane Tham, Director of Human Resources. Jeder Mitarbeiter bekommt einen „alten Hasen” zugeteilt, der jederzeit bei Fragen und zur Unterstützung bereitsteht.

Das Financial Update wurde nur kurz am Anfang präsentiert und geriet immer mehr in den Hintergrund. Mir wird bei den hohen Summen immer etwas schwindelig, aber nun weiß ich auch, dass eine Menge dahintersteckt und freue mich auf meine „Hier-kannst-Du-Deinen-Roller-anschließen-App“!




Changi Sailing Club in Singapur

Keine Ahnung vom Segeln und trotzdem dritter bei einer Regatta geworden.

Das geht nur mit der richtigen Crew und einem ordentlichen Kapitän!

Captain Luc und seine Frau lernten wir im letzten Jahr bei einem Segelevent kennen, an dem wir auf deren Boot „Minx“ teilnahmen. Nun haben wir es endlich mal zusammen mit unseren Freunden Karin und Thomas geschafft, ihrer Einladung zu folgen und durften zum dritten Twilight Race des Changi Sailing Club wieder an Bord.

Allerdings war diesmal richtiges Mitarbeiten angesagt: Die Männer mussten an den Winschen das Vorsegel bedienen und wir Mädels waren zur Ausbalancierung des Bootes abkommandiert. Ich bin mir nicht sicher, was anstrengender ist. Die Jungs mussten mit allen Kräften kurbeln, aber das ständige von Backbord nach Steuerbord und wieder zurückgerobbe war auch nicht ohne. Meine Knie haben sich jedenfalls am Abend bedankt. Dafür war die Stimmung super und das Wetter phantastisch. Ein bisschen Wind um die Nase ist bei über 30 Grad Temperatur sehr angenehm. Neben der Arbeit gab es auch immer wieder ein paar Minuten Verschnaufpause, in denen wir entspannt die Füße im Wasser baumeln lassen konnten und die anderen Segelboote beobachteten.

Auf dem Treppchen gelandet Von sieben Leuten an Bord wussten eigentlich nur drei, was sie zu tun haben. Aber Captain Luc behielt stets die Kontrolle. Er ist drei Mal die Woche alleine mit der Minx unterwegs, so hat er stets alles im geübten Blick. Während wir ängstlich wurden, wenn sich die richtig großen Pötte näherten (ein ziemlich blödes Gefühl, wenn zwei solche Riesenschiffe von beiden Seiten kommen), ertönte hinterm Steuerrad die holländische Stimme: „Ich habe es gesehen. Keine Angst, dieses Boot wurde in Dänemark für die Nordsee gebaut. Die paar Wellen machen uns nichts aus.” Um dann ganz in Ruhe weiter zu schippern. Mit dieser Ruhe hat Luc uns auf den dritten Platz gefahren. Genaugenommen waren wir sogar die ersten an der Ziellinie, aber dann gibt es noch Handicap-Berechnungen und damit landeten wir auf Platz 3 von 9 Teilnehmern.

In dem Club kennt jeder den anderen und bei den fachmännischen Nachbesprechungen konnte ich nicht mithalten. Ich war ja nur froh, immer rechtzeitig zur richtigen Seite gehüpft zu sein. Aber dieser Tag auf dem Wasser hat mich auf den Segelgeschmack gebracht. Muss als Norddeutsche Deern ja eigentlich möglich sein, das noch zu lernen.

Das Bierchen danach hat jedenfalls herrlich geschmeckt und in der angenehm lockeren Clubatmosphäre ergab sich ein schöner Abschied vom Tag.




Yoga

Vor ein paar Tagen: Ich schalte morgens meinen Computer an und sehe eine ellenlange Todo-Liste. Da grollt es in mir und ich habe überhaupt keine Lust, auch nur irgendetwas zu arbeiten. Also Browser geöffnet, www.yogamovement.com eingegeben und spontan den Basic-Kurs um 12 Uhr gebucht. Das erste Mal Yoga nach 12 Jahren, wird mal wieder Zeit!

Es ist so angenehm, eine Stunde lang das Ein- und Ausatmen angesagt zu bekommen. In meinem ersten Yogaleben habe ich es sogar geschafft, mit dem Rücken wieder in die große Brücke zu gehen. Schon das alleine lässt einen 20 Jahre jünger fühlen.Dann habe ich meinen Mann kennengelernt und hatte am Sonntagmorgen ab sofort besseres zu tun, als zum Yoga zu gehen. Natürlich hatte ich vor, mir eine Gruppe an einem anderen Tag zu suchen, aber bei dem Vorhaben ist es geblieben.Ewigkeiten später ist die Idee hier in Singapur dann wiederaufgekommen. An jeder Ecke gibt es drinnen und draußen die Gelegenheit, Yoga zu machen. Und täglich sehe ich die Menschen mit ihren aufgerollten Matten durch die Straßen spazieren. Dann habe ich erfahren, dass es auf der anderen Straßenseite unseres Condos ein tolles Yogastudio gäbe. Bing! Da hat es klick gemacht – die Brücke funktioniert nämlich nicht mehr so gut.

Um 11:50 Uhr habe ich meine Matte über die Schulter geworfen, bin losgestiefelt und betrete um 11:55 Uhr das im Industriedesign gestaltete Studio „Yoga Movement“. Nette Leute am Empfangsschalter empfangen mich und im angeschlossenen Café sitzen sehr entspannt aussehende Menschen.

Im Unterrichtsraum liegen die Matten schon bereit (ich habe meine pinkfarbene auf die schwarze draufgelegt, sieht viel schöner aus!) und los geht’s. Am Anfang erstmal atmen. Geht super. Dann die ersten Übungen. Es wird schwieriger, aber ich bekomme alles hin. Nach 30 Minuten muss ich über die Leute lachen, die über Yoga lachen: Ich spüre bereits alle Muskeln, vielmehr an einige werde ich wieder erinnert. Zum Schluss der Entspannungsteil. Da musste ich schon damals immer aufpassen, nicht einzuschlafen. Da liegt man auf seiner Matte, freut sich, es geschafft zu haben und spürt, dass jeder Muskel wieder an der richtigen Stelle sitzt. Herrlich!

Nach der Stunde habe ich gleich eine 10er-Karte gekauft und mittlerweile kann ich den Kursplan auswendig. Und das mit der Brücke bekomme ich bald auch wieder hin!




Mit Fremden über den Wolken

Billigflug auf eine malaysische Insel. Dem Kind hinter mir wird laut vorgelesen und das ganze Flugzeug darf netterweise daran teilnehmen. Selbst schuld, wer kein Niederländisch versteht. Neben mir werden die Probleme am Arbeitsplatz meiner Sitznachbarin ausdiskutiert, fast hätte sie angefangen zu weinen. Da bereue ich schon, dass ich mittlerweile singlish verstehe. Aber er hat so liebevoll ihre Haarsträhnen um seine Nase gewickelt, dass sie ihre Sorgen bald vergaß. Auftakt für weitere Liebkosungen. Ich habe kein Problem mit Nähe, schon gar nicht unter Lebenspartnern, aber muss ich beim Zungenkuss unbedingt nur 30 cm davon entfernt sitzen? Immerhin hatte sie saubere Fingernagelhaut, der Knipser kam gleich nach dem Start zum Einsatz. Alles wurde akkurat saubergezupft, irgendjemand wird hinterher schon durchsaugen. Mittlerweile schmerzt mein Rücken, der holländische Nachwuchs hinter mir hat den Sitz demnächst mit den Füßen komplett durchbohrt. Ist ja ganz angenehm, dass der Knirps nicht mehr rumschreit, dafür hören wir alle einer Fernsehserie zu. Nun tut mir der Kleine ein wenig leid, er ist schwerhörig. Das erklärt zumindest die Lautstärke. Kopfhörer sind nur für Spießer. Was denken die anderen wohl über mich? Wenn jeder um mich herum irgendjemandem auf die Nerven geht, werde ich ja keine Ausnahme sein. Aber mir fällt partout nichts ein. Beide Armlehnen im Flugzeug zu benutzen wird ja noch erlaubt sein, oder?




Selbstabräumen im Hawker Centre?

Hawker Centre und Food Courts sind wirklich etwas Feines. Eine Masse von Angeboten an asiatischen Gerichten, ab und zu auch ein paar Westernstyles dabei und alles für kleines Geld. Schnell findet man seine Lieblingsplätze und nach mehrmaligem Besuch bleibt auch der kleine Schnack mit den Köchen nicht aus. Oft mit Händen und Füßen, aber irgendein neues chinesisches Wort schnappt man immer auf.


Dann wird ein Plätzchen gesucht, wenn möglich unterm Ventilator, und das Schlemmen beginnt. Während der Nahrungsaufnahme sehe ich die Schilder, die mich auffordern, mein Tablett später zu den Abgabestellen zu bringen. (Ein großer Hygienevorteil: Alles an Besteck und Geschirr wird an einer Stelle gründlich gespült und wieder an die einzelnen Garküchen verteilt.)

Aber nun beginnt das Grübeln. In meiner Anfangszeit in Singapur wurde mir beigebracht, die Tabletts stehenzulassen, weil die Abräumer sonst ihre Daseinsberechtigung verlieren. Bestätigt wurde dieser Hinweis dadurch, dass die Abräumer darauf bestanden, alles stehenzulassen. Machte man bloße Anstalten, das Tablett wegzubringen, gab es eindeutige Handzeichen. Auch wenn es die besagten Schilder damals schon gab,


Anweisungen für Nichtstun nehme ich immer gerne entgegen. Also habe ich es stets gerne genossen, nach dem Lunch einfach aufzustehen und zu gehen.


Naht das Ende unserer geliebten Helfer?

Aber nun gibt es großangelegte Aktionen und immer wieder Zeitungsartikel mit dem Thema, sein Tablett selber wegzutragen. An einigen Plätzen wurde sogar ein Pfandsystem eingeführt. 25 solcher staatlich finanzierten Automated-Tray-Return-Systeme (ATRS) soll es in den nächsten Jahren geben.

Ist dies das Ende unserer geliebten Helfer, die einem den Teller auch schon mal unter der Nase wegreißen obwohl der letzte Happen noch auf dem Löffel liegt? Es wäre sehr traurig, denn sie gehören zum richtigen Hawker Feeling einfach dazu. Genauso wie die Diskussion, ob man den letzten Schluck aus seinem Becher noch trinken darf – die immer mit großem Gelächter endet.

„Die Reinigungskräfte werden ihre Arbeitsplätze nicht verlieren, nur weil wir rücksichtsvoller werden und unsere Tabletts zurückgeben”, sagte die Ministerin für Umwelt und Wasserressourcen, Amy Khor, im März im Parlament. In meinem Lieblingshawker, dem Zion Riverside Food Centre, ist die Tablett-Rücklaufquote um 20 Prozent gestiegen. In der gewonnenen Zeit sollen die Reiniger die Tische säubern. „Das Entfernen der Essensreste geht das Vogelproblem an und schafft eine sauberere, hygienischere Speiseumgebung.”

Hört sich alles logisch an, hinkt aber ein wenig. Im besagten Hawker hatte ich bisher kein Problem mit unsauberen Tischen und ich kann nur hoffen, dass keiner meiner Aunties und Uncles seinen Job verliert. Ich bin hin und hergerissen, ob ich den Revoluzzer geben soll. Aber bei meinem Besuch heute habe ich das Lehrbeispiel dafür gesehen, wie Singapur funktioniert.




Bishan – Ang Mo Kio Park

Singapur nennt sich ja gerne selbst „Green City“. Und das auch völlig zu Recht. Bei aller Modernität und Automatisierung wird sehr darauf geachtet, dass in der ganzen Stadt grüne Lungen zum Verweilen einladen. Im Bishan Park entlang der Ang Mo Kio Avenue 1 wurde der Kallang River vom Betonkanal zu einem 3 km langen Fluss in einer wunderschönen Anlage zurückgebaut. Eines von 100 Projekten des ABC Waters Programme, das für „Active, Beautiful and Clean“ steht.

62 Hektar Park laden mit weiten Rasenflächen zum Verweilen und zu einem Picknick ein, wir hatten aber nur unsere obligatorischen Wasserflaschen dabei (niemals ohne Wasser aus dem Haus!) und sind an dem Fluss entlanggewandert. Wir haben Fischreiher beobachtet, die hier ein Paradies vorfinden, denn der Fluss ist voll mit Fischen.

 

Im Lotus Garden fliegen die Libellen und immer wieder kreuzen Schmetterlinge den Weg. Das alles in einer himmlischen Ruhe – wenn man sich den Baustellenlärm an der gesamten Flussstrecke mal wegdenkt … Vielleicht sind uns darum nicht viele Parkbesucher begegnet, auch die drei großen Spielplätze waren nur schlecht besucht. Schade, denn hier gibt es sogar ein rollstuhlgerechtes Karussell und eine Rollstuhlschaukel, so dass Kinder mit besonderen Bedürfnissen zusammen mit ihren Freunden spielen können. Wäre ich einen Meter kürzer, hätte ich alles ausprobiert.

 

Seit der Wiedereröffnung im März 2012 ist der Fluss ein Teil des Regenwassermanagementprogramms, das der Trinkwasserversorgung und dem Hochwasserschutz dient. Es wurden Bodenbiotechnologien angewendet, die das Ufer des Kallang River stabilisieren und Erosion verhindern. Ein Reinigungsbiotop reinigt das Wasser aus dem angrenzenden Teich und aus dem Fluss. Dank des Filtersystems wird keine chemische Hilfe benötigt.

Ein paar Kinder haben im Fluss gestanden und mit ihrem Kescher versucht, Fische zu fangen. Bestimmt total verboten, aber die Kids waren sowieso nicht erfolgreich. Dafür hatten sie einen Mordsspaß – zusammen mit Oma, die auch barfuß im Wasser stand.

Zum Barfußwandern gibt es einen extra angelegten Pfad, den wir aber schnell wieder verlassen haben – zu viel Massage der Fußreflexzonen auf dem steinigen Weg. Das hat echt wehgetan, da muss ich noch üben. Obwohl ich doch in den letzten 1,5 Jahren so viel ohne Schuhe an den Füßen gelaufen bin wie sonst nicht im ganzen Leben zuvor.

Durchquert man den Park von Westen nach Osten, ist auf halber Strecke ein Restaurant am See zu finden und am Rande des Kallang River liegt der am hübschesten gelegene McDonalds, den ich je gesehen habe. Wir haben jedoch weder das eine, noch das andere probiert, sondern sind am anderen Ende des Parks wieder in den Bus gestiegen und nach Hause gefahren. Ein simpler aber schöner Sonntagsausflug, die Woche wird wieder wild genug.




CHALLENGING BEAUTY – Ausstellungseröffnung im Parkview Museum

Im Parkview Museum Singapore läuft noch bis zum 19. August 2018 die Ausstellung CHALLENGING BEAUTY – Insights into Italian Contemporary Art, die die repräsentativsten Werke der zeitgenössischen italienischen Kunstsammlung von George Wong präsentiert.

Das Parkview Museum Singapore ist ein privates Museum im Parkview Square, einem meiner Lieblingsgebäude in Singapur. Es wird auch Gotham City genannt, weil es ohne weiteres als Zuhause von Batman fungieren könnte. Es erinnert an die New Yorker Art-Déco-Gebäude aus dem letzten Jahrhundert, wurde aber erst 2002 erbaut.
Die Eigentümergruppe führt das Erbe ihres Gründers Chou-Shiuan Hwang (Vater von George Wong) fort, der ein großer Kunstliebhaber war. Bis heute umfasst die Kunstsammlung der Gruppe die größte Salvador-Dali-Sammlung außerhalb Spaniens, zahlreiche Kunstwerke westlicher Meister, eine unschätzbare Sammlung kaiserlicher chinesisch-buddhistischer Steinschnitzereien, eine große Sammlung antiker Bronzestatuen und eine umfangreiche Sammlung zeitgenössischer chinesischer Kunst mit mehr als 10.000 Werken.

Die gesamte 3. Etage des Parkview Square wurde 2017 in ein Privatmuseum verwandelt. Hier wechseln sich alle sechs Monate Ausstellungen ab, in denen zeitgenössische Kunst gezeigt wird.
Im März war ich zur Eröffnung der ersten großen Ausstellung italienischer zeitgenössischer Kunst in Singapur eingeladen.

Die Ausstellung spiegelt die vielseitige italienische Kunstpraxis wider und präsentiert Werke von Künstlern aus vier Generationen, die in den 1990er und 2000er Jahren entstanden sind.

Hier sind meine Favoriten:

Darsy Manet (1988) von Aldo Mondino

Die türkische Kultur diente Aldo Mondino oft als Inspiration für seine Kunstwerke. Dieses stellt einen türkischen Tanz dar, der zu gesellschaftlichen Anlässen aufgeführt wird.

At the bar (1981-84) von Salvo
Der Sizilianer Salvatore Mangione, besser bekannt als Salvo, sagte einmal in einem Interview: “Warum sollte ich mich dem Vergnügen der Farbe verwehren?” Recht hat er!

Untitled (2008) von Marco Tirelli

Wo Licht ist, ist auch Schatten. Wie oft habe ich diesen Satz in meiner beruflichen Vergangenheit im Fernsehstudio gehört. Dort ist Schatten ja nicht sehr beliebt, aber Marco Tirelli hat ihn phantastisch eingesetzt. Mit dem richtigen Abstand zur Wand entsteht ein Kreis in 3d – ganz simpel, aber faszinierend.

Alle Ausstellungen des Museums sind für die Öffentlichkeit kostenlos zugänglich, um die Integration und Wertschätzung von Kunst im Alltag zu fördern.

Montag – Samstag, 12 – 19 Uhr
600 North Bridge Road
Parkview Aquare, Level 3




Masters of Wines and Spirits

Die DFS Group (Duty Free Singapore), weltweit führender Anbieter für Luxusreisegüter, veranstaltete im Warehouse Hotel die „Masters of Wines and Spirits“.

An zwei Tagen fanden sich 800 Gäste in dem erst 2017 eröffnetem Boutique Hotel „Warehouse“ ein. Die Location war auch der ausschlaggebende Grund, warum ich mich so auf die Veranstaltung gefreut hatte. Von unserem Balkon aus habe ich die Bauarbeiten am Ufer des Singapore River beobachtet und gesehen, wie ein Prachtstück aus der alten Lagerhalle entstanden ist.

Nun durfte ich mir das Warehouse von innen ansehen und dabei noch etwas über Whisky lernen. Jedes der Hotelzimmer war zum Thema „Bespoke. Speak Easy. Secret Society” als Präsentationsraum umfunktioniert worden. Die günstigste Flasche mit erlesenem Alkohol für 400 S$ zu haben. Aber es ging ja auch um Luxusgüter.
Ich habe an einer Masterclass der Destillerie „Balvenie“ teilgenommen und mich anfangs mit den zwei zu probierenden Whiskys schwergetan, denn der Alkoholgehalt von 54,1 bzw. 55,4% ist ziemlich heftig. Erst nachdem ich etwas Wasser dazugeben durfte, war der Geschmack von Vanille und anderen Gewürzen zu schmecken. Balvenie gehört zu der Masters of Wines and Spirits Collection 2018, die ab dem 25. März im Singapore Changi Airport erhältlich sein wird. Wer es genauer wissen möchte, diese Sorten habe ich probiert:

DCS Chapter One – The Balvenie Refill American Oak/filled 12th February 1985, Cask 612, 54,1% ABV

und

DCS Chapter Two – The Balvenie First Fill American Oak/filled 1st May 1990, Cask 7359, 55,4% ABV

Hinterher wurde ein großartiges Dinner serviert und wir hatten viel Glück mit unseren Tischnachbarn. Reena, Chin Wee, Edward und Danny. Bei den Jungs war ich ausnahmsweise mal froh, dass sie westliche Namen nutzen, denn auf Chinesisch heißen die drei alle gleich: Chin Wee. Wäre schwierig geworden, auch ohne vorherige Alkoholverkostung.

Noch vor dem Hauptgang hatten die vier uns die perfekte Aussprache von „Yamsieng“ beigebracht. Man kann es aus dem chinesischem Hokkien mit „Prost“ übersetzen, bedeutet aber eher „ex und hopp“. Da wir nun aber guten Wein in den Gläsern hatten, haben wir es lieber für ersteres benutzt. Dafür umso öfter, denn mit der Sprache und dem Zuprosten bilden sich auch Freundschaften – zumindest für den Abend.

Fazit des Abends: Ich bin mir noch nicht sicher, Whisky-Fan zu werden. Aber es war mal etwas anderes, in die Welt hineinzuschnuppern. Endlich habe ich das Warehouse-Hotel von innen gesehen, es lohnt sich! Und ich hatte einen puppenlustigen Abend. Danny ist übrigens TV-Moderator und will mir sein Studio zeigen – yeah, mal wieder TV-Luft schnuppern!

Und ich weiß endlich, was die DFS Group macht. Ich habe am Flughafen schon diverse Mal dort eingekauft, mir aber nie Gedanken darüber gemacht, wie das Warenangebot zusammengestellt wird. Aber ehrlich gesagt, bin ich auch selten in der Lounge mit den Luxusgütern.