Am Wochenende sind wir der Stadt entflohen und nach Pulau Ubin gefahren. Dieses ist die zweitgrößte von Singapurs 61 Inseln und liegt vor der Nordostküste der Stadt in der Straße von Johor. Von unserem Viertel River Valley dauert es 1,5 Stunden mit dem Bus, um in Richtung Osten zum Changi Point Ferry Terminal zu gelangen. Dort liegen kleine Boote, die jeweils 12 Passagiere auf die Insel bringen. Fahrpläne gibt es nicht, sobald ein „Bumboat“ komplett ist, geht die Reise los. Der Fahrpreis liegt pro Strecke bei 3 S$ pro Person und wer zu ungeduldig zum Warten ist, kann sofort losfahren, wenn er die noch freien Plätze zahlt. Als wir am Ableger ankamen, wurden noch genau zwei Personen zur Abfahrt benötigt und darum konnten wir sofort durchstarten.
Nur 10 Minuten dauert die Überfahrt. Nach der Ankunft kommt man zuerst an den vielen Fahrradverleihern vorbei. Ein Teil der circa 100 Bewohner verdient auf diese Art sein Geld. Das Angebot ist sehr unterschiedlich, denn es gibt alles vom uralten Drahtesel bis zum nagelneuen Mountainbike. Wir haben sogar hohe 28er Räder bekommen, das war das erste Mal in Asien.
Also ab in den Dschungel. Die Insel ist gute 10 km² groß und mehrere Schilder weisen die verschiedenen Wege. Wir sind einfach drauf los gestrampelt und haben nach den letzten Wochen im Stadttrubel den stillen Regenwald genossen. Ab und zu war einer der vielen Vögel oder ein Rascheln zu hören. Eine Zeitreise per Rad. So muss Singapur früher ausgesehen haben. Weitgehend ist das Areal naturbelassen und auf den Wegen liegen vom Baum gefallende Lietschies und andere Früchte. Ein Paradies für die vielfältigen Arten von Tieren auf der Insel.
Jede Menge bunte Vögel und sogar einen Flugdrachen haben wir gesehen. Letzterer kam zum Glück gerade angeflogen, sonst hätten wir ihn nicht entdeckt. Am Baum sitzend ist er kaum zu sehen, weil er die gleiche Farbe wie die Baumrinde hat.
Affen sind uns glücklicherweise keine begegnet, denn die sollen auch angriffslustig sein. Allerdings hat ein Wildschwein auf Futtersuche uns kurz stoppen lassen. So groß und schwer wie der Eber aussah, wollten wir kein Risiko eingehen und ihn nicht stören. Mit der Schnauze auf dem Boden hat er sich von einem Dickicht in das andere geschnuppert. Menschen scheinen für ihn aber uninteressant zu sein, er hat nicht mal aufgeschaut.
Nach wenigen Kilometern kamen wir in die Chek Jawa Wetlands, einem Naturschutzgebiet mit Mangroven. Hier ist der Zutritt nur ohne Fahrrad erlaubt.
Wir sind ein paar Schritte den Weg entlang gelaufen und kamen zu einem Aussichtsturm. In der Höhe von 20 Metern hatten wir einen wunderschönen Überblick über die Insel mit dem Regenwald und Sicht auf Singapur.
Etwas weiter entfernt führt ein Stelzenweg am Wasser entlang. Leider war bei uns gerade Ebbe und so hatten wir den puren Meeresboden unter den Füßen. Bei Flut ist es wahrscheinlicher noch schöner, wenn das Wasser unter dem Steg hindurch fließt.
Aber man spürt hier auch die Nähe der Stadt und des Flughafens Changi. Alle paar Minuten kommt ein Flieger im Landeanflug vorbei.
Nach dem Fußmarsch ging es wieder weiter per Rad. Unterwegs haben wir Holzhäuser und Blechhütten gesehen, in denen die Bewohner leben. Einige verkaufen kalte Getränke an Touristen. Das sieht aber nicht sehr einladend aus und wir waren froh, unsere eigenen Getränke dabei zu haben. Mückenspray und Sonnencreme sollten auch mitgebracht werden, denn im Wald ist einiges an Ungeziefer unterwegs und wenn man aus dem Dschungel herauskommt, kann die Sonne gnadenlos vom Himmel knallen. Dafür wurden wir immer wieder mit phantastischen Ausblicken und Impressionen belohnt.
An diesem Tag haben wir nur die Hälfte der Insel gesehen, denn um 18:00 Uhr werden dort die nicht vorhandenen Bürgersteige hochgeklappt. Die Rückfahrt verläuft gleich wie die Hinfahrt. Anstehen, 12 Leute zusammen bekommen und bezahlt wird auf dem Bumboat. Eine energische Dame mit Mikrophon hat alles im Griff und macht die Ansage, wann das Boot betreten werden darf.
Am Changi Point Ferry Terminal haben wir im Hawker Center noch etwas zu Essen bestellt, ein Bierchen getrunken und danach völlig kaputt im Bus gesessen. Wir hatten keine langen Strecken hinter uns, weder zu Fuß noch mit dem Rad. Aber bei der feuchten Wärme zählt eben jeder Schritt dreifach. Darum ist es ganz gut, dass wir die andere Hälfte von Pulau Ubin an einem anderen Tag erkunden werden.