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Inklusion braucht Aktion

29.000 Kilometer in 18 Monaten auf dem Fahrrad durch die Welt, das ist das Ziel von Sven Marx. Als Botschafter für „Inklusion braucht Aktion“ möchte er Vorurteile abschaffen, Barrieren in den Köpfen abbauen und Verbindungen zwischen Menschen mit und ohne Handicap schaffen. Auf seinem Zwischenstopp in Singapur habe ich den ehemaligen Dachdecker aus Berlin getroffen und war beeindruckt.

Sven Marx will auf Missstände aufmerksam machen, die Körperbehinderten das Leben erschweren und sie vom normalen Alltag aussperren. Bahnsteige, die nicht mit dem Rollstuhl befahrbar sind, sperrige Bordsteinkanten und zu hohe Buseinstiege sind nur einige Beispiele dafür. Der 50-Jährige ist dafür nämlich in eigener Mission unterwegs. Nach einer Operation am Hirnstamm im Jahr 2009, bei der ihm nur die Hälfte eines Tumors entfernt werden konnte, sieht er dauerhaft Doppelbilder, was das räumliche Sehen unmöglich macht und Gleichgewichtsprobleme mit sich bringt.
Seine ganz eigene Therapie bestand aus Fahrradfahren. Dabei konnte er Muskeln aufbauen und auf dem Rad das Gleichgewicht zu halten ist viel einfacher als zu Fuß, weil nicht jeder Schritt ausbalanciert werden muss: „Auf dem Fahrrad ist das nur beim Start wichtig, danach rollt es von alleine“, hat er mir erklärt. „Nach meiner Operation wurde mir von den Ärzten gesagt, ich werde nie mehr reisen. Ich habe mir immer gesagt, Du bist krank, kannst aber ganz viele Dinge tun.“ Zwei Jahre später plante er bereits mit seinem Sohn eine gemeinsame Fahrradtour an die Ostsee. Sechs Wochen vor der Abreise kam eine erneute schwere Diagnose: Schwarzer Hautkrebs, der in einer weiteren Operation entfernt wurde. Danach fasste er den Entschluss, auf Weltreise zu gehen, sollte er mit diesen zwei lebensbedrohlichen Krankheiten seinen 50. Geburtstag erreichen. Und so startete er im April vergangenen Jahres am Brandenburger Tor und radelte durch Deutschland und Osteuropa über die Mongolei nach Japan und weiter durch Südostasien. In allen Ländern und Städten seiner Route kündigt der Globetrotter sich per Mail bei den diplomatischen Vertretungen an. “Meistens wird ein gemeinsames Foto mit dem Konsul oder Botschafter gemacht, etwas geredet und dann fahre ich weiter. So wie in Singapur, dass noch andere Gäste eingeladen werden, das kommt selten vor.“

In der deutschen Residenz wurde Sven Marx vom deutschen Botschafter empfangen und auch von Vertretern mehrerer Institutionen für Gehandicapte begrüßt. Zu dieser Runde war auch die Presse eingeladen und darum hatte ich die Gelegenheit, Sven Marx kennenzulernen. Wir waren alle sehr berührt, als er uns seine Geschichte erzählte und es war offensichtlich, wie wichtig ihm diese Reise ist, und auch wie stolz er auf sich selbst ist, es nach solch einer schweren Krankheit so weit geschafft zu haben. Als er von der Unterstützung seiner Frau und seines Sohnes erzählte, standen ihm die Tränen in den Augen. Chia Yong Yong, Präsidentin der singapurischen Gesellschaft für Behinderte und selbst auf den Rollstuhl angewiesen, zeigte sich beeindruckt von dem Deutschen: „Wir brauchen Menschen wie Sie, die ihre eigene Geschichte nutzen, um Erfahrungen zu teilen.“

Heute Abend fliegt Sven Marx weiter nach Australien und es werden noch weitere Kontinente folgen. Die Route ist auf seiner Homepage www.sven-globetrotter.com nachzulesen und wer möchte, kann Sven Marx auch finanziell unterstützen. Trotz Sponsoren trägt er einen großen Teil der Kosten selbst und hofft, dass die finanziellen Reserven bis zum geplanten Ende im November 2018 ausreichen.




(Un)filtered Reflections

Die Foundation d’entreprise Hermès hat eingeladen, nicht nur Halstücher und Handtaschen (wobei das auch hohe Kunst sein kann!), anzuschauen, sondern auch Werke der japanischen Künstlerin Noriko Ambe anzusehen.

Ich war mit einer Freundin dort und wir haben anfangs nicht verstanden, worum es geht. Auf dem ersten Blick haben wir eine Menge Papierschnipsel vorgefunden, aber dann lichtete sich das Feld: Noriko, die auch bereits im MoMA in New York ausstellte, hat mit Schülern aus Singapur ein Projekt erarbeitet, in dem diese Schüler ihr Bücher und Zeitschriften, die mit dem Schulunterricht zusammenhängen, überlassen haben. Dazu gab es Informationen für die Künstlerin, wie die Schüler zu dem jeweiligen Unterricht stehen. „Die jungen Leute im Alter von 13 bis 18 Jahren haben nur noch ihren Schulabschluss im Kopf und dann haben sie noch so viel sich selbst zu tun, weil sie in der Pubertät sind. Das ist wirklich keine einfache Zeit.”, erklärt die Japanerin und erzählt auch gleich einige der Geschichten, die die Ausstellungsobjekte haben entstehen lassen. Damit erklärt sich auch der Titel der Ausstellung, „(Un)gefilterte Reflexionen“.

Hier hat ein Schüler gemeint, dass der Mathematikunterricht unerträglich sei. „Vernichte es einfach”, war sein Kommentar dazu. Also hat die Papierkünstlerin die Seiten geschreddert und kunstvoll wieder zusammengesetzt. Daraufhin haben wir uns mit einem anderen Blick erneut umgesehen und unsere eigenen Gedanken gemacht. Sind die verschnürten Pakete entstanden, weil der Abschluss kurz bevorsteht? Sieht das eine aus wie eine Schultüte, weil es jetzt erst richtig losgeht?

Wir hatten wirklich viel zu tun bei dieser Ausstellungseröffnung und haben uns Geschichten ausgedacht, die in Wirklichkeit wohl ganz anders sind. Aber es war eine tolle Erkenntnis, vom anfänglichen ‚was sollen diese gelöcherten Buchseiten‘ zu einem ,findet der Musikunterricht wirklich so schlimm?‘ zu wechseln.

Ich befürchte, dass die wirklichen Erklärungen gar nicht so spektakulär sind, wie unsere Phantasie uns vormachen wollte. Darum sollte man die Wahrheit besser gar nicht erst erfahren, sie könnte sehr ernüchternd sein.




Ambassador’s Cup im Changi Sailing Club

29 Botschafter segelten im Changi Sailing Club einen Tag lang um die Wette, um für das Charity Sailing Program des Clubs zu werben und Spenden zu sammeln. Wir durften dabei sein und unter österreichischer Flagge fahren.

Mit an Bord neben der österreichischen Botschafterin waren noch der evangelische Pfarrer, mein Mann und die wunderbare Crew, ohne die wir nicht sehr weit gekommen wären. Zu unserem Glück war auch der Commodore des Changi Sailing Club als Steuermann an Bord. Jeff hatte zusammen mit Bootsbesitzer Lucas alles im Griff auf dem Schiff voller Laien.

Den Start haben wir sehr gut überstanden, aber zuvor war es sehr abenteuerlich. Ein heilloses Durcheinander herrschte auf dem Wasser am Changi Beach, als die Boote sich auf ihre Startpositionen manövrierten. Kreuz und quer wurde herumgefahren und ich hatte wirklich Angst vor einem Crash, denn so manche Begegnung war mehr als knapp. Und dann passierte es auch tatsächlich: Dirk saß, die Beine im Wasser baumelnd wie ihm geheißen, auf der Seite und ein Konkurrent kam näher und näher in seine Richtung. Gerade noch rechtzeitig ist mein Mann aufgesprungen, bevor uns das andere Boot voll in die Seite gerammt ist. Schockschwerenot! Kein Personenschaden zum Glück, aber das wird bestimmt teuer. Ich verrate nicht, welcher Botschaft die Mannschaft angehörte, nur so viel: Sie sprechen kein Deutsch.

Vom Schock erholt folgte auch gleich der Start, den wir trotz des Unfalls meisterlich absolvieren konnten. Sprich, ich habe meisterlich klein in meiner Ecke gehockt und die Profis machen lassen. Dann lagen wir sehr gut in der Spur und fuhren vorne mit. Der Regen setzte ein, aber das stört keinen Segler – denn so fühlten wir uns bald. Vor allem nachdem wir zum x-ten Mal die Seiten wechseln mussten, dem sogenannten Tacking. Das hat sich schnell eingespielt und ich glaube, die Profis haben uns grundlos mehrmals nur aus Spaß hin und her gescheucht. Das wurde auf Nachfrage natürlich verneint – naja. Dafür gab es zwischendurch etwas zu essen. Rosanne, unsere Skipperfrau, hat immer wieder Häppchen aus der Kombüse hochgereicht.

Dann kam der Regen so richtig. Und hörte nicht mehr auf. Wir waren trotz der Regenjacken komplett durchgeweicht und – man staune! – durchgefroren.

Dann gab auch noch der Wind auf. Nix mehr, Flaute, nada! Nach einer Stunde absolutem Stillstand haben wir den sowieso schon verlorenen (und nie angepeilten) Sieg aufgegeben und den Motor gestartet. An Land angekommen, ging es erst unter die heiße Dusche und in trockene Klamotten. So konnte die Party starten und wir haben gemeinsam mit unserer Super-Crew nochmal Vollgas gegeben. Die Tanzfläche war gerammelt voll, immer ein Verlass bei südamerikanischen Gastgebern (in diesem Fall war es der chilenische Botschafter).

Wieder zu Hause haben wir die nassen Klamotten sofort in die Waschmaschine getan und diese angestellt. Dadurch ist ein kleines Problem entstanden, denn die Visitenkarte unseres Skippers war noch in der Hose und wurde mitgewaschen. Aber wir haben uns wiedergefunden und am nächsten sonnigen Wochenende wird gesegelt!




Regenzeit

Als Hamburger Deern bin ich ja Wasser von oben gewohnt, aber was in letzter Zeit hier abgeht, ist heftig. Denn wir befinden uns mitten in der Regenzeit, die von Oktober bis Februar andauert.

Wer hat mir mal erzählt, dass Regenzeit bedeutet, da schüttet es ‘ne halbe Stunde und danach kommt die Sonne wieder raus und alles ist ganz schnell trocken?

Nix da! Es schüttet, oft stundenlang und in den letzten Tagen frecher Weise sogar tagsüber. Sonst kommt der Regen nämlich nachts oder in den Morgenstunden – meinetwegen. Aber am Tag muss doch nicht sein. Heute haben wir wie jeden Morgen alle Fenster aufgemacht um durchzulüften. Ergebnis: Frieren ohne Klimaanlage, ganz was Neues. Ich wollte eine Jacke überziehen (bei 25 Grad – habe mich wohl mittlerweile klimatisiert). Aber die Jacken sind ganz oben weit hinten im Schrank und ich hätte die Leiter gebraucht.
Solange es nur regnet, ist es nervig (Flip-Flops werden dann so rutschig…), aber wenn ein Gewitter richtig losdonnert und die Blitze direkt über unserem Haus krachen, bekomme ich wirklich Angst. Singapur hat die meisten Blitztoten weltweit, das lässt vorsichtig werden.

Nach dem Frühstück bin ich also mit Regenschirm raus um Besorgungen zu machen. Da in Singapur alles seine Ordnung hat, dürfen tropfende Regenschirme nicht in die Gebäude und Malls genommen werden. Vor jedem Einkaufszentrum und jedem Geschäft stehen Behälter mit Plastiktüten für die Schirme.

Unsere Gästedusche dient zurzeit als nasse-Regenschirme-Lagerplatz. Wenn dort kein Schirm liegt, sind wir auch nicht da. Auch morgen nicht, da sind wir zu einer Segeltour eingeladen, ich bin gespannt!




Heiratsmarkt in Shanghai

Urlaub! Eine Woche in China und wir sind total gespannt!

Fünf Stunden mit dem Flugzeug durch die Nacht nach Shanghai, unserer ersten Station. Nach einer Stärkung mit Kaffee und Croissants ging es um 6 Uhr morgens los mit unserer Stadttour, und zwar in Richtung Bund.

Bund ist der englische Name der 2,6 km langen Uferpromenade am Huangpu-Fluss. Der chinesische Name des Viertels lautet Waitan. Hier stehen imposante ältere Gebäude und der französische Einfluss auf die Stadt ist absolut sichtbar.

So früh am Samstagmorgen ist wie erwartet nichts los gewesen und wir konnten Shanghai außergewöhnlich ruhig begrüßen.

Der Weg führte durch den People‘s Park, in dem eine sehr asiatische und angenehme Atmosphäre herrscht. An jeder Ecke treffen sich Gruppen zum Tai-Chi und um ihre Schwertkampfkunst zu trainieren. Ich hätte gerne mitgenacht, aber in unserem übermüdeten Zustand haben wir besser einfach nur zugesehen.

Im Peoples‘ Park ist aber noch mehr los. Am Wochenende findet ein richtiger Heiratsmarkt statt. Eltern versuchen dort, ihre Kinder unter die Haube zu bringen An aufgespannten Regenschirmen sind große Zettel mit einer Beschreibung der zukünftigen Braut oder des Bräutigams angebracht.

Fotos der Junggesellen waren keine zu entdecken, es geht wohl eher um die Eckdaten. Chinesische Schriftzeichen sind mir nicht geläufig, aber an den Zahlen sind Geburtsjahr (alles Jahrgänge aus den 80ern, es wird also Zeit!), Größe und Telefonnummern abzulesen. Geld wird auf diesen Steckbriefen nicht geboten, aber wer weiß, was in den Diskussionen (vor dem Schirm) alles ausgehandelt wird.

Uns wurde dadurch bewusst, in welcher völlig anderen Welt mit fremder Mentalität wir unterwegs sind. Ich habe selbst erst spät geheiratet, ob meine Eltern auch manchmal gerne mit Schirm und Zettel in den Hamburger Stadtpark gegangen wären?




Haw Par Villa

 

Die Haw Par Villa wurde 1937 von Aw Boon Haw für seinen jüngeren Bruder Aw Boon Par erbaut. Die Brüder haben ihr Vermögen unter anderem mit dem berühmten Tiger Balm geschaffen. Der Themenpark liegt auf einem Hügel in Pasir Panjang und hat sogar eine eigene MRT-Station: Haw Par Villa MRT Station.

Ohne Eintritt zu zahlen, ist hier eine Rundreise durch die chinesische Mythologie möglich. Mehr als 1000 bunte Statuen erzählen Legenden, die auch furchteinflößend sind.

Die berühmteste Darstellung auf der Anlage sind die „zehn Stufen zur Hölle“. Da waren selbst für mich einige der gezeigten Folterungen, die für böse Taten zu Lebzeiten eine gerechte Strafe sein sollen, wirklich zu viel. Wahrscheinlich hat die Haw Par Villa einen ähnlichen Nutzen, wie unser Weihnachtsmann. „Guck Dir genau an was passiert, wenn Du nicht lieb bist.“

Einer Sage nach befindet sich sogar das Portal zur echten Hölle an derselben Stelle wie die Ausstellung …

Den Singapurern ist der Park allen bekannt, viele haben mir erzählt, dass sie in der Kindheit mit den Eltern oder mit der Schule oft Ausflüge dorthin gemacht haben.

Ein schauriges aber buntes Disneyland im asiatischen Stil. Kein absolutes Muss in Singapur, aber für einen Sonntagnachmittag ganz interessant.




Romeo und Julia

Das Stuttgarter Ballett ist zu Besuch in Südostasien und zeigt „Romeo und Julia”. Nachdem ich während meiner Kindheit jahrelang Rhythmische Sportgymnastik gemacht habe, fasziniert mich nach wie vor alles, was mit Tanz zu tun hat. Und dafür hat sich der Weg durch den tropischen Regen ins Esplanade Theatre absolut gelohnt.

Bereits im Jahr 1962 hat John Cranko als damaliger Direktor und Choreograph in Stuttgart eine eigene Version für die tragische Liebesgeschichte von „Romeo und Julia“ kreiert und damit die ganze Welt erobert.

Auch mich hat die Vorstellung gestern Abend absolut in den Bann gezogen. Zur Musik von Sergej Prokofjew sitzen die Schritte und Gesten der Tänzer klar auf den Akzenten und erzählen wirksam die Geschichte der jungen Liebenden. Sogar die farbenfrohen Kostüme unterstützen den Handlungsverlauf und unterstreichen die Charaktere der Protagonisten.

So kann der Zuschauer problemlos die Verwandtschaftsverhältnisse zuordnen und sich in Gedanken der Musik und tänzerischen Leistung hingeben. An gesprochenem Text habe ich nur eines vermisst, nämlich Julias berühmtes: „Es war die Nachtigall und nicht die Lerche, die eben jetzt dein banges Ohr durchdrang.“ Stattdessen wurde sehr resolut der Fenstervorhang in der Kulisse zugezogen und jeder wusste nun, dass wir an dieser berühmten Stelle waren. Humorvolle Einlagen lassen das Publikum öfters bei dieser Inszenierung schmunzeln und das Bühnenbild ist in seiner spartanischen Art perfekt.

Und auch wenn das Ende bekannt ist, am Schluss musste ich trotzdem weinen.




Sterneküche in Singapur

Kulinarische Einladungen mag ich immer sehr. Da ich täglich bei irgendeinem Hawker einheimisch esse, ist jede Abwechslung davon großartig.

Also auf zum gemeinsamen Showcooking von Sternekoch Oliver Röder vom Bembergs Häuschen in Euskirchen und dem lokalen Hawker-Koch Xu Zhen Kai vom Roast Paradise im „Old Airport Food Centre“. Ich darf dabei sein, wie zwischen den beiden ein kulinarischer und kultureller Austausch auf diplomatischer Einladung in der Residenz des deutschen Botschafters in Singapur stattfindet.

Xu Zhen Kai ist berühmt für sein Char Siew, mariniertem Schweinefleisch aus dem Bauch oder Nacken. Er bereitet das kantonesische Gericht in einem speziellen Ofen zu und diesen hat er zum ersten Mal aus seiner eigenen Küche ausgebaut und in die deutsche Residenz gebracht, um die traditionelle Spezialität dort zuzubereiten.

 

 

 

 

 

 

Sehr warm war es draußen bei 30 Grad Hitze direkt neben einem offenen Ofen. Aber wir starrten alle total gebannt auf das Prozedere, wie die Fleischstücke immer wieder neu bestrichen, eingetunkt und aufgehängt wurden. Es war köstlich! Das Fleisch ganz zart und dazu die krosse Kruste wie bei Mamas Schweinebraten.

Oliver Röder hatte eine andere Überraschung für uns parat: Herrengedeck. Ochsenfleischragout in Filorollen gefüllt mit einer Banderole umwickelt. Sieht also aus wie eine Zigarre und wird auch in einem Aschenbecher serviert. Das Cognacglas dazu ist mit einer Sauce gefüllt, die zwischen den Bissen genippt wird. Außergewöhnlich und sehr lecker. Während der Meisterkoch die Röllchen füllt, erzählt er von seiner Ankunft am Flughafen Changi: „Die mitgebrachten Lebensmittel waren überhaupt kein Problem. Aber als die Zöllner die vielen Messer im Gepäck gesehen hatten, wurde doch nachgefragt.“
Die Küchenparty entwickelte sich auch zum Deutschkurs. Uns wurde das besonders delikate „Pfaffenstück“ bei Geflügel angepriesen. Nichtswissende Blicke bei allen Anwesenden. Die singapurischen Foodblogger amüsierten sich darüber, dass selbst die Deutschsprachigen keine Ahnung hatten. Die Erklärung dazu ist, dass es wahnsinnig aufwendig ist, diese zwei kleinen und besonderen Stücke aus dem hinteren Bereich des Rückens herauszuschneiden. Also wird es kaum gemacht und ist darum ziemlich unbekannt. Das hat noch alles in der Küche stattgefunden und die Stimmung war super, die beste Stimmung herrscht eben immer in der Küche. Beim gesetzten Essen haben dann alle mit Hand angelegt, angerichtet und die Teller aufgetragen. Die Atmosphäre war gesprächig und locker und wir waren alle gespannt auf das Hauptgericht.

Mit einer Sauce deren Inhalte ich nicht mehr alle erinnere, war es ein Gedicht. Um satt zu werden, braucht man viele der kleinen „Pfaffenstücke“, aber Oliver Röder hat sich nicht lumpen lassen. Zusammen mit der Nussbutter ist dieses kulinarische Gedicht nicht Weight Watchers geeignet, aber was soll’s. Nachkochen werde ich das Rezept bestimmt auch nicht, Michelin-Küche kann nun mal nicht jeder. Muss aber auch nicht. Denn Oliver Röder hat es ganz gut in Singapur gefallen und er kommt bestimmt noch Mal wieder.




Tag der Deutschen Einheit

So habe ich den Tag der Deutschen Einheit noch nie gefeiert. Gut, 1990, damals in Berlin – aber das ist sehr lange her.

In diesem Jahr waren wir von der Botschaft und der Handelskammer zusammen mit insgesamt 800 Gästen im „W Hotel“ auf Sentosa eingeladen. Da habe ich doch mal das kleine Schwarze aus dem Schrank geholt und die High Heels geputzt. Auf der Einladung stand auch etwas von Ausgehuniform, aber die habe ich nicht.

Es war jedenfalls ein schöner Abend und wir haben so viele Leute endlich mal wiedergesehen. Es gab kaum Sitzplätze und so haben wir beim Herumschlendern mal hier und dort ein Schwätzchen halten können. So habe ich zum Beispiel vom Militärattaché erfahren, dass er sein mitgebrachtes E-Bike registrieren lassen muss und ein Kennzeichen mit TÜV-Plakette benötigt. Ich muss nochmal nachgucken, ob das in Deutschland mittlerweile auch so ist. Man vergleicht ja so gern.

Das Essen war großartig und es gab eine Torte in Form der Berliner Mauer, die beim Anschneiden auch umstürzte. Ich weiß nicht, ob das so geplant war, kam aber sehr gut an.

Mitten in der Woche wird bei solchen Veranstaltungen nicht lange gefeiert. Darum gab es ab 22 Uhr eine sehr lange Taxiwarteschlange und wir hatten Glück, dass wir privat von der Insel herunter und nach Hause gebracht wurden.

Da mir irgendwann von unserer Retterin untersagt wurde, mich dafür wiederholt zu bedanken, lasse ich es hier nochmal raus: Danke Kerstin!




Malakka

 

Malakka, eine Stadt an der Westküste von Malaysia, ist nur 240 km von Singapur entfernt. Eine gute Gelegenheit, mit meinem Neffen Josh, der gerade für ein paar Wochen zu Besuch ist, einen kurzen Ausflug über die Landesgrenze zu machen.

Mehrere Busse fahren täglich die Strecke Singapur-Malakka und zurück. Auf busonlineticket.com haben wir Fahrkarten gebucht und sind frühmorgens vom Busbahnhof Queen Street nähe Bugis aufgebrochen. Die Busse sind mit breiten und bequemen Sesseln ausgestattet und wir konnten sogar die Beine lang ausstrecken.

Wer sich am Hotel „Casa del Rio“ absetzen lässt, befindet sich mitten in der Altstadt und von dort haben wir sehr schnell und einfach unser Hotel gefunden mit dem Sightseeing losgelegt. Die Stadt steht seit 2008 auf der Liste des UNESCO-Weltkulturerbe und die Altstadt ist wirklich traumhaft schön. Am Fluss ist mir auch das alte hübsche Wort „pittoreske” eingefallen.
Die alten Häuser in ihren unterschiedlichen Farben beherbergen Restaurants und Bars, in denen man ein Bier zu angenehmen Preisen trinken und dabei den Anblick wirken lassen kann. Kurzurlaub eben. Am Nachmittag waren wir im Bamboo House essen. Das liegt nicht direkt am Fluss, aber auch mitten im alten Viertel von Malakka. Von der Straße wirkt es wie ein unscheinbares Haus. Die Tür ist verriegelt und wird erst geöffnet, nachdem man geklingelt hat und über die Sprechanlage verrät, mit wie vielen Leuten man essen möchte. Gruppen mit mehr als sechs sind nicht erwünscht. Innen erwartet eine angenehme Atmosphäre. Mehrere Tische im Innenhof, eine einfache aber stylische Einrichtung und viel Grün an den Wänden.

Josh und ich waren uns schnell einig, den Beef-Burger zu bestellen. Eine gute Wahl, wie sich nach dem Anblick der selbstgemachten Kartoffelspalten und dem leckeren Kartoffelsalat herausstellte. Zum Trinken gab es selbst hergestelltes Orangenbier. Etwas süßlich, aber ok. Nach einem Blick auf die Speisekarte war auch noch Nachtisch drin, (und weil wir einen Mindestverzehr brauchten, um mit Kreditkarte zu zahlen): heißer Brownie mit Eis und für jeden einen Cappuccino. Nicht wirklich typisch malaiisch, aber bei den Preisen haben wir nur zu gerne mal westlich reingehauen. Der ganze Spaß hat insgesamt 20 € gekostet und es war ein echtes Festmahl!

So gestärkt haben wir uns die Altstadt angesehen. Wie zum Beispiel das alte Rathaus, die Christ Church, das Porta de Santiago und St. Paul’s Hill mit der Kirchenruine. Seit dem 15. Jahrhundert stand Malakka unter chinesischen, malaiischen, portugiesischen, niederländischen und britischen Einflüssen und von allen ist die Stadt geprägt. Ein sehr interessanter Rundgang für einen Nachmittag.
Der Hunger am Abend hat uns später auf eine harte Probe gestellt: Die meisten Lokale waren geschlossen. Vielleicht weil es Montag war? Sogar im Jonker Walk, eigentlich das Ausgehviertel von Malakka, war fast alles dicht. So sind wir im Geographer‘s Café gelandet und haben Pizza gegessen. Wir sind noch ein bisschen durch die Gegend geschlendert, aber um 20 Uhr waren bereits alle Bürgersteige hochgeklappt.

Am 2. Tag haben wir uns das Maritime Museum angesehen. Dieses ist in dem Nachbau eines portugiesischen Segelschiffs untergebracht was ganz lustig ist, denn man kann darauf herumklettern. Der gegenüberliegende Markt war leider enttäuschend, nur ein paar Läden mit chinesischem Schnickschnack. Dafür ist aber der Jonker Walk am Tag ganz nett. Dort gibt es viele hübsche kleine Läden mit Handarbeiten. Einige scheinen wirklich selbst hergestellt zu sein, aber andere Dinge habe ich schon in Souvenirläden in Südafrika gesehen …

Dann bin ich dummerweise auf die Idee gekommen, die schwimmende Moschee sehen zu wollen. „The Floating Mosque“ liegt auf einer kleinen Insel vor Malakka, die auch zu Fuß über eine Brücke erreichbar ist. Eine Stunde waren wir in der Hitze unterwegs. Das großangelegte Bauvorhaben ist leider pleitegegangen. Nun stehen dort ein paar Hausruinen und der Hafen wird auch nichts mehr einbringen. Aber die Moschee ist schon 2006 fertig geworden und mittlerweile der einzige Grund, warum sich noch wenige Touristen auf die Insel verirren. Auf dem Rückweg haben wir zwecks Abkühlung einen Bummel durchs „Dataran Pahlawan“ gemacht, einem großen Einkaufszentrum.

Zum Tagesabschluss gab es einen Drink in einer Bar am Fluss. Es ist sehr ruhig und beschaulich dort zu sitzen. Am Wochenende soll ja die Hölle los sein in Malakka, aber wir haben von Montag bis Mittwoch ein malerisches verträumtes Städtchen entdeckt.

Vor der Rückreise am nächsten Tag haben wir noch den mit traditionellen Materialien nachgebauten Sultanspalast angesehen. Eine imposante Holzkonstruktion, bei deren Zusammenbau kein einziger Nagel verwendet wurde. Im Inneren werden ein paar Palastgeschichten über den mystischen Nationalhelden Hang Tuah anhand mehrerer Gemälde erzählt, was sehr unterhaltsam ist.

Vom Glockenturm inmitten der Altstadt fährt der Bus Nr. 17 alle 20 Minuten zum Busbahnhof „Melaka Sentral“, von dem die Busse nach Singapur abfahren. Aufgepasst, von dort dauert der Weg eine Stunde. Wer durch den Jonker Walk geht und am anderen Ende der Straße einsteigt, braucht nur noch 30 Minuten. Ganz gut zu wissen, wenn die Zeit knapp wird.

Das war eine schöne Abwechslung vom Singapurer Großstadtleben. Man sollte nur bedenken, dass der schöne Teil von Malakka sehr klein ist. Nachmittags ankommen und am nächsten frühen Abend wieder abfahren, das reicht vollkommen aus. Aber diese eineinhalb Tage lohnen sich absolut!