Selbstabräumen im Hawker Centre?
Hawker Centre und Food Courts sind wirklich etwas Feines. Eine Masse von Angeboten an asiatischen Gerichten, ab und zu auch ein paar Westernstyles dabei und alles für kleines Geld. Schnell findet man seine Lieblingsplätze und nach mehrmaligem Besuch bleibt auch der kleine Schnack mit den Köchen nicht aus. Oft mit Händen und Füßen, aber irgendein neues chinesisches Wort schnappt man immer auf.
Dann wird ein Plätzchen gesucht, wenn möglich unterm Ventilator, und das Schlemmen beginnt. Während der Nahrungsaufnahme sehe ich die Schilder, die mich auffordern, mein Tablett später zu den Abgabestellen zu bringen. (Ein großer Hygienevorteil: Alles an Besteck und Geschirr wird an einer Stelle gründlich gespült und wieder an die einzelnen Garküchen verteilt.)
Aber nun beginnt das Grübeln. In meiner Anfangszeit in Singapur wurde mir beigebracht, die Tabletts stehenzulassen, weil die Abräumer sonst ihre Daseinsberechtigung verlieren. Bestätigt wurde dieser Hinweis dadurch, dass die Abräumer darauf bestanden, alles stehenzulassen. Machte man bloße Anstalten, das Tablett wegzubringen, gab es eindeutige Handzeichen. Auch wenn es die besagten Schilder damals schon gab,
Anweisungen für Nichtstun nehme ich immer gerne entgegen. Also habe ich es stets gerne genossen, nach dem Lunch einfach aufzustehen und zu gehen.
Naht das Ende unserer geliebten Helfer?
Aber nun gibt es großangelegte Aktionen und immer wieder Zeitungsartikel mit dem Thema, sein Tablett selber wegzutragen. An einigen Plätzen wurde sogar ein Pfandsystem eingeführt. 25 solcher staatlich finanzierten Automated-Tray-Return-Systeme (ATRS) soll es in den nächsten Jahren geben.
Ist dies das Ende unserer geliebten Helfer, die einem den Teller auch schon mal unter der Nase wegreißen obwohl der letzte Happen noch auf dem Löffel liegt? Es wäre sehr traurig, denn sie gehören zum richtigen Hawker Feeling einfach dazu. Genauso wie die Diskussion, ob man den letzten Schluck aus seinem Becher noch trinken darf – die immer mit großem Gelächter endet.
„Die Reinigungskräfte werden ihre Arbeitsplätze nicht verlieren, nur weil wir rücksichtsvoller werden und unsere Tabletts zurückgeben”, sagte die Ministerin für Umwelt und Wasserressourcen, Amy Khor, im März im Parlament. In meinem Lieblingshawker, dem Zion Riverside Food Centre, ist die Tablett-Rücklaufquote um 20 Prozent gestiegen. In der gewonnenen Zeit sollen die Reiniger die Tische säubern. „Das Entfernen der Essensreste geht das Vogelproblem an und schafft eine sauberere, hygienischere Speiseumgebung.”
Hört sich alles logisch an, hinkt aber ein wenig. Im besagten Hawker hatte ich bisher kein Problem mit unsauberen Tischen und ich kann nur hoffen, dass keiner meiner Aunties und Uncles seinen Job verliert. Ich bin hin und hergerissen, ob ich den Revoluzzer geben soll. Aber bei meinem Besuch heute habe ich das Lehrbeispiel dafür gesehen, wie Singapur funktioniert.
Der Essbereich gleicht einem Schilder- und Posterwald mit Aufforderungen, das Tablett abzugeben und die Reinigungskräfte tragen T-Shirts mit Abräumsprüchen. Sogar ganz ohne Strafandrohung funktioniert es und alle Tische waren leer. Also mache ich es wieder wie bei Mama gelernt: „Wer vom Tisch aufsteht, nimmt seinen Teller mit!”