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Straßenkunst im hippen Tiong Bahru

Mal eben ein Graffiti sprühen ist in Singapur strengstens verboten, auch Deutsche wurden dafür schon mit Peitschenhieben bestraft. Doch Street Art ist erwünscht und gehört inzwischen zur Kultur dazu, allerdings nur mit Genehmigung und auf ausgewiesenen Plätzen.

Mein Interesse an dieser Kunstrichtung wurde geweckt, als im ArtScience Museum eine wunderbare Ausstellung über Street Art eröffnet wurde. Die internationalen Künstler haben eine große Bandbreite an Stilen präsentiert und nun schaue ich mich immer wieder um, was auf der Straße so alles zu finden ist. Mit der Sprühdosen-Kunst der 80er Jahre haben die Malereien auf den Wänden in verschiedenen Stadtvierteln nämlich nichts zu tun. Wirkliche Kunstwerke zeigen alte Traditionen und Gewohnheiten und es lohnt sich, bei einem Spaziergang genau darauf zu achten. Heute habe ich mich in Tiong Bahru auf die Pirsch gegeben und bin den Spuren des Singapurers Yip Yew Chong gefolgt.

Die bekannteste Wandszene ist wohl Bird Singing Corner in der Seng Poh Lane, Block 71. Kopi – also local coffee – schlürfend sitzen die uncles (wer das 40. Lebensjahr erreicht hat, muss damit leben von Jüngeren so genannt zu werden) unter ihren Vogelkäfigen. Vor Jahren war dieses noch ein normales reales Bild und ist unbestritten ein wichtiger historischer Bestandteil dieses Stadtteils: Die uncles haben ihre Vögel gemeinsam singen lassen, damit diese untereinander voneinander lernen. Es gibt noch heute einen anderen Platz etwas außerhalb, an denen richtige Sing-Wettkämpfe stattfinden.

Der Begriff “Home” hat in Tiong Bahru eine besondere Bedeutung, weil die Art-Déco-Bauten zu den ersten öffentlich geförderten Wohnhäusern gehören. Als Szene-Viertel hat der Stadtteil nun gegen die horrend steigenden Mieten zu kämpfen. Wer neu hierherziehen möchte, muss einiges an Miete auf den Tisch legen – wenn er sich den dann noch leisten kann. Für das Bild Home, zu finden Tiong Poh Road/Eu Chin Street, Block 74, hat Yip Yew Chong das Wohnzimmer seiner Kindheit nachgemalt. Auf seiner Webseite yipyc.com schreibt er, dass seine Familie im Jahr 1977 das erste Sofa und ein Telefon anschaffen konnte: „Das Sofa ersetzte die klapprigen Holzstühle und Hocker, die im Wohnzimmer verstreut waren.“ Chong ist kein hauptberuflicher Künstler aber seit seiner Kindheit ein passionierter Hobbymaler. Einen Beruf wollte er nie daraus machen. Der Wirtschaftsprüfer hat einen großen Teil seiner Kindheit auf den Straßen von Tiong Bahru verbracht und hat dabei bestimmt auch einen der vielen Wahrsager von damals getroffen.

Fortune Teller in der Eng Watt Street Block 73 bestand ursprünglich aus zwei Wandbildern, die während der Konzeptualisierung zu einem gemacht wurden. Der „Pasar“ (malaiisch für Markt) wurde mit dem „Fortune Teller“ kombiniert, um die Kosten zu senken. Den Wahrsager gab es wirklich und er saß neben dem Marktplatz, der einen wichtigen zentralen Punkt in Tiong Bahru darstellte.

Die Atmosphäre muss eine besondere im Tiong Bahru der vergangenen Zeit gewesen sein, die Ausläufer davon sind noch zu spüren. Natürlich gibt es die hippen Bars und teuren Geschäfte, aber wer nach einem Besuch des Wet Market sich die Zeit nimmt durch die Gassen zu streunern, einen Kopi auf der Straße trinkt, in einem der lokalen Restaurants isst oder seine Schrauben und Werkzeug in einem der alten Geschäfte kauft, der ahnt, wie es hier einmal gewesen sein muss.




Haare schneiden in Singapur

Wenn man mehr als zwei Jahrzehnte immer nur denselben Friseur (Mike, ich vermisse Dich!!!) an die Haare gelassen hat, wird einem mulmig in der Fremde.Der erste Friseurbesuch aber war schon lange fällig. Ich habe mich nur nicht getraut, weil es 1. sehr teuer ist und 2. die vielen Horrorgeschichten mir Angst gemacht haben.  Aber nun musste ich da durch.

In Tiong Bahru gibt es mehrere Kosmetik- und Friseurläden. Zum Markt wollte ich sowieso, also habe ich mich auf den Weg gemacht. Unterwegs sehe ich doch wirklich ein Schild vor einem Friseurladen: 60% Rabatt, das hieß in dem Fall umgerechnet 30 € für einen Haarschnitt. Kann ja nichts ordentliches sein, oder? Aber der Laden sah so nett eingerichtet aus. Mannomann, womit man mich so ködern kann…

Und zu Recht! Salonleiterin Angela Koh von „The Scalpture hat sich hervorragend meiner angenommen. Als erstes bekam ich einen (sehr stylischen) Kittel angezogen und oben drüber gab es noch den Friseurumhang wie wir ihn alle kennen. In der Zwischenzeit wurden Roibuschtee und Kekse serviert. Smalltalk ist auch in diesem Salon üblich, wie wahrscheinlich in allen Friseurläden auf der Welt. Angie ist in Tiong Baruh aufgewachsen und hat einiges über das alte Viertel, welches immer moderner und beliebter wird, zu erzählen.

Meine Haare waren noch feucht von der Morgendusche, darum wurde erst geschnitten und danach gewaschen. Haarwäsche im Liegen. Auf einer weichen Matte habe ich mich abgelegt, die Beine musste ich wegen meiner Körperlänge baumeln lassen. Mit kaltem Wasser wurde mir der Kopf gewaschen, denn “das lässt das Haar glänzen”. Ich weiß nur nicht, wo das kalte Wasser herkam, bei uns zu Hause hat es immer um die 25 Grad. Eine Kopfmassage gab es noch obendrauf. Nach der Wäsche wurde noch eine Spülung aufgetragen, die 10 Minuten einwirken muss. Aber nicht einfach so. Auf meine Stirn hat Angie Orangenöl getröpfelt, “gut zum Entspannen”. Dann habe ich ein paar Minuten geschlummert und kurz vor der Tiefschlafphase musste ich leider aufstehen um auf meinem Stuhl vorm Spiegel den Feinschliff verpasst zu bekommen.

Nachgeschnitten, geföhnt und gebürstet – fertig. Ich bin total zufrieden und die Horrorgeschichten sind alle vergessen. Haarspray zum Abschluss gab es übrigens nicht, nützt hier nix.